Undtot - Kapitel 9: Heißhunger und ein Schuss

Irgendwann in der Nacht war Mike auf der Tastatur eingeschlafen. Als nun die Sonne ihre warmen Strahlen direkt auf sein Gesicht schickte, wurde er ganz langsam wach. Tastenabdrücke zeichneten sein Gesicht. Es musste schon nach zehn Uhr sein, vorher kam die Sonne nicht auf diese Seite des Gebäudes. Ben drehte sich in seinem Stuhl noch einmal um und schniefte leise.

Müde hob Mike den Kopf und starrte auf den Monitor. Um klar zu werden benötigte er eigentlich einen Kaffee. Der Gedanke daran ließ ihm bewusst werden, dass er seit gestern nichts mehr gegessen und getrunken hatte. Er und Ben würden bald unbedingt zumindest ein paar Flaschen Wasser brauchen, um bei Kräften zu bleiben. Wie lange würden wohl die Gewandelten vor der Tür Wache halten? Und wie lang würde es dauern, bis sie die Tür durchbrachen?


Müde starrte Mike die Aufnahmen an. Er wollte sich nur kurz nach dem Wohlergehen von Liz erkundigen und dann darüber nachdenken, wie Ben und er nach unten kamen. Klick für Klick durchforstete er die Räume, doch weder im Dienstzimmer, noch in dem Patientenzimmer in der sie am Abend zuvor gepflegt wurde, war sie zu finden. Das Blut auf dem Boden hingegen war nicht zu übersehen. Es war praktisch überall. Panik machte sich in ihm breit, doch der Monitor zeigte, dass die Tür zum Flur vor der Intensivstation immer noch verschlossen war.
Plötzlich huschte ein Schatten durch das Bild und Mike klickte schnell weiter um die Gestalt wieder einzufangen. Er sah nur ihren Rücken, aber es war unverkennbar Liz. Ihr klebte Blut am Kittel und sie hinterließ rote Fußabdrücke.
Er zoomte raus und sah am unteren Bildrand einen Toten und ein Meer von Blut. Das Gesicht war ihm leider mehr als vertraut – es war Ronnie.
Sein Blick war seltsam zufrieden, auch wenn ihm der halbe Hals fehlte. Liz war aus dem Bild verschwunden.
Mike wechselte auf die Totalansicht der Intensivstation, in der Ecke lagen mehrere Leichen. Liz fand er an einem der Betten stehen. Er zoomte so weit rein, dass er den Patient neben ihr sehen konnte. Ein durch Brandwunden stark gezeichneter Mann lag dort mit einem Schlauch im Mund durch den er beatmet wurde.
Der Mann blinzelte ein paar Mal, dann wurde sein Gesicht von Liz Hinterkopf verdeckt. Als Mike wieder freie Sicht hatte, senkte Liz gerade ihre Zähne in seinen Hals. Das Blut floss im Beatmungsschlauch immer wieder hin und her.
Er war wach und das machte es umso schlimmer. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, als er sich hilfesuchend umblickte. Irgendwann fanden seine tränenden Augen die Kamera an der Decke und Mike hatte das Gefühl er blickte ihm direkt in die Seele bis der Herzmonitor den Tod anzeigte. Liz, oder was von ihr übrig war, riss immer wieder Stücke heraus und schluckte sie ungekaut runter. Mike drehte den Kopf zur Seite und schloss das Programm.

Ben schaute ihn verschlafen an. „Ich habe solchen Hunger“, schniefte er.
Lange würden sie es nicht mehr aushalten. Den ganzen Tag hatte er nun gegrübelt, aber noch immer keine Lösung gefunden, daher überprüfte er noch einmal sein Magazin, doch an der einen Kugel hatte sich immer noch nichts geändert.
Ich habe auch Hunger, aber weißt du was? Ich habe gerade eine Idee bekommen.“ Mike grinste Ben an und dieser lächelte zurück. Er konnte ihm unmöglich erklären was er vorhatte, aber es war für ihn definitiv das Beste. Ben ahnte noch nicht, dass Mike soeben seinen gesamten Überlebenswillen verloren hatte.
Er ging rüber zu der Stereoanlage und drehte die Lautstärke auf 50 von 50 Einheiten. Sofort wurden die Klopf- und Kratzgeräusche an der Tür lauter, sie würde bald nachgeben. Mike drückte die Lieder durch bis er auf Hells Bells stieß, dann drehte er voll auf und genoss für einen kurzen Moment die Erinnerungen an seine Jugend.
Irritiert schaute Ben ihm zu und verstand nicht, warum er diese Dinger nur noch mehr provozierte. Mike hingehen wusste genau, was die Musik bewirkte: Es würden noch mehr von ihnen hier rauf kommen. Und wenn er Ben die einzige Kugel verpasst hatte, dann würde es zumindest nicht so lang dauern bis sie ihn fraßen.

Minuten verstrichen. Er wollte ganz sicher sein, dass sie ihn schnell fraßen. Der Plan war einfach – Ben erschießen und dann vor die Tür gehen, damit die Gewandelten ihn fraßen. Ben hatte sich ans Fenster gestellt und beobachtete ein Feuer, das ein paar Straßen weiter brannte, als sich Mike von hinten näherte.
Komm Ben, lass uns beten. Kennst du das 'Vater unser'?“ Er nahm Ben in den Arm und spannte den Hahn, flüsterte ein letztes 'Vater unser' und wartete auf das Große Finale dieses grandiosen Liedes. Es war dem Zufall zu verdanken, dass es ein Livealbum war und das Lied länger als normal. Kurz bevor es endete überschlugen sich die Ereignisse. Die Tür wurde aufgebrochen und Mike reagierte instinktiv und schoss.

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