Irgendwann in der
Nacht war Mike auf der Tastatur eingeschlafen. Als nun die Sonne ihre
warmen Strahlen direkt auf sein Gesicht schickte, wurde er ganz
langsam wach. Tastenabdrücke zeichneten sein Gesicht. Es musste
schon nach zehn Uhr sein, vorher kam die Sonne nicht auf diese Seite
des Gebäudes. Ben drehte sich in seinem Stuhl noch einmal um und
schniefte leise.
Müde hob Mike den
Kopf und starrte auf den Monitor. Um klar zu werden benötigte er
eigentlich einen Kaffee. Der Gedanke daran ließ ihm bewusst werden,
dass er seit gestern nichts mehr gegessen und getrunken hatte. Er und
Ben würden bald unbedingt zumindest ein paar Flaschen Wasser
brauchen, um bei Kräften zu bleiben. Wie lange würden wohl die
Gewandelten vor der Tür Wache halten? Und wie lang würde es dauern,
bis sie die Tür durchbrachen?
Müde starrte Mike
die Aufnahmen an. Er wollte sich nur kurz nach dem Wohlergehen von
Liz erkundigen und dann darüber nachdenken, wie Ben und er nach
unten kamen. Klick für Klick durchforstete er die Räume, doch weder
im Dienstzimmer, noch in dem Patientenzimmer in der sie am Abend
zuvor gepflegt wurde, war sie zu finden. Das Blut auf dem Boden
hingegen war nicht zu übersehen. Es war praktisch überall. Panik
machte sich in ihm breit, doch der Monitor zeigte, dass die Tür zum
Flur vor der Intensivstation immer noch verschlossen war.
Plötzlich huschte
ein Schatten durch das Bild und Mike klickte schnell weiter um die
Gestalt wieder einzufangen. Er sah nur ihren Rücken, aber es war
unverkennbar Liz. Ihr klebte Blut am Kittel und sie hinterließ rote
Fußabdrücke.
Er zoomte raus und
sah am unteren Bildrand einen Toten und ein Meer von Blut. Das
Gesicht war ihm leider mehr als vertraut – es war Ronnie.
Sein Blick war
seltsam zufrieden, auch wenn ihm der halbe Hals fehlte. Liz war aus
dem Bild verschwunden.
Mike wechselte auf
die Totalansicht der Intensivstation, in der Ecke lagen mehrere
Leichen. Liz fand er an einem der Betten stehen. Er zoomte so weit
rein, dass er den Patient neben ihr sehen konnte. Ein durch
Brandwunden stark gezeichneter Mann lag dort mit einem Schlauch im
Mund durch den er beatmet wurde.
Der Mann blinzelte
ein paar Mal, dann wurde sein Gesicht von Liz Hinterkopf verdeckt.
Als Mike wieder freie Sicht hatte, senkte Liz gerade ihre Zähne in
seinen Hals. Das Blut floss im Beatmungsschlauch immer wieder hin und
her.
Er war wach und das
machte es umso schlimmer. Die Angst stand ihm ins Gesicht
geschrieben, als er sich hilfesuchend umblickte. Irgendwann fanden
seine tränenden Augen die Kamera an der Decke und Mike hatte das
Gefühl er blickte ihm direkt in die Seele bis der Herzmonitor den
Tod anzeigte. Liz, oder was von ihr übrig war, riss immer wieder
Stücke heraus und schluckte sie ungekaut runter. Mike drehte den
Kopf zur Seite und schloss das Programm.
Ben schaute ihn
verschlafen an. „Ich habe solchen Hunger“, schniefte er.
Lange würden sie es
nicht mehr aushalten. Den ganzen Tag hatte er nun gegrübelt, aber
noch immer keine Lösung gefunden, daher überprüfte er noch einmal
sein Magazin, doch an der einen Kugel hatte sich immer noch nichts
geändert.
„Ich habe auch
Hunger, aber weißt du was? Ich habe gerade eine Idee bekommen.“
Mike grinste Ben an und dieser lächelte zurück. Er konnte ihm
unmöglich erklären was er vorhatte, aber es war für ihn definitiv
das Beste. Ben ahnte noch nicht, dass Mike soeben seinen gesamten
Überlebenswillen verloren hatte.
Er ging rüber zu
der Stereoanlage und drehte die Lautstärke auf 50 von 50 Einheiten.
Sofort wurden die Klopf- und Kratzgeräusche an der Tür lauter, sie
würde bald nachgeben. Mike drückte die Lieder durch bis er auf
Hells Bells stieß, dann drehte er voll auf und genoss für einen
kurzen Moment die Erinnerungen an seine Jugend.
Irritiert schaute
Ben ihm zu und verstand nicht, warum er diese Dinger nur noch mehr
provozierte. Mike hingehen wusste genau, was die Musik bewirkte: Es
würden noch mehr von ihnen hier rauf kommen. Und wenn er Ben die
einzige Kugel verpasst hatte, dann würde es zumindest nicht so lang
dauern bis sie ihn fraßen.
Minuten verstrichen.
Er wollte ganz sicher sein, dass sie ihn schnell fraßen. Der Plan
war einfach – Ben erschießen und dann vor die Tür gehen, damit
die Gewandelten ihn fraßen. Ben hatte sich ans Fenster gestellt und
beobachtete ein Feuer, das ein paar Straßen weiter brannte, als sich
Mike von hinten näherte.
„Komm Ben, lass
uns beten. Kennst du das 'Vater unser'?“ Er nahm Ben in den Arm und
spannte den Hahn, flüsterte ein letztes 'Vater unser' und wartete
auf das Große Finale dieses grandiosen Liedes. Es war dem Zufall zu
verdanken, dass es ein Livealbum war und das Lied länger als normal.
Kurz bevor es endete überschlugen sich die Ereignisse. Die Tür
wurde aufgebrochen und Mike reagierte instinktiv und schoss.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen