Undtot - Kapitel 6: Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!

Lange nach den ersten Sonnenstrahlen war Robert wach. Er schnallte sich ab und kletterte noch höher um sich einen Überblick zu verschaffen. In der Ferne konnte er den Highway sehen und er überlegte, ob er dort vielleicht einen fahrbaren Untersatz finden konnte, mit dem er seinen Weg fortsetzen konnte. Bei näherem Hinsehen musste er jedoch feststellen, dass sich auch dort einige von den Viechern befanden. Ohne eine Waffe würde er sich ihnen nicht mehr in den Weg stellen. Diesmal jedoch musste es etwas handlicheres als ein Feuerlöscher werden.
Er ließ seinen Blick schweifen und fand in der entgegen gesetzten Richtung eine Stadt, nicht allzu weit von ihm entfernt, die gleiche die er gestern Abend gesehen hatte. Wenn er sich am südlichen Rand der Stadt heranschleichen würde, wäre er durch die Lagerhallen im Industriegebiet geschützt. Auch dort würden bestimmt welche von ihnen lauern, aber es war einen Versuch wert. Hunger und Durst brachten ihn sonst um.

Robert brauchte länger als er gedacht hatte, da er immer wieder hinter Ecken warten musste bis der Weg frei war. Der Weg zog sich ewig lang und die Sonne brannte fürchterlich. Das er seit dem Mittag des Vortages nichts getrunken und gegessen hatte, half ihm in keinster Weise.
Schon von weitem konnte er die ersten Viecher dabei beobachten, wie sie ziellos vor Fensterscheiben liefen oder langsam durch die Straßen taumelten. Von einem Auto zum anderen sprintend bewegte er sich vorwärts. Früher oder später würde ein falscher Schritt ihn verraten, daher musste er sich beeilen. Wenn er es richtig sah, gab es leider keinen Waffenladen in der Stadt und um alle Häuser zu durchsuchen hatte er keine Zeit. Der Gedanke es doch beim Highway zu versuchen verfestigte sich gerade, als er eine Bewegung hinter einem vergitterten Fenster sah. Das sehr kleine Gebäude, gerade einmal so groß wie eine kleine Tankstelle, war komplett vergittert und davor parkten zwei Polizeiautos. Es musste das Büro des Sheriffs der Stadt sein. Belagert wurde es jedoch von nicht weniger als sieben von diesen Gestalten. Ob es überhaupt ein Mensch dort drinnen war, konnte er nicht einmal sagen, aber es war ein Versuch wert dort eine Waffe zu finden.

Aus der Mauer neben sich brach er einen Stein heraus, faustgroß und schwer. Er war nie der beste Werfer gewesen, ganz im Gegenteil, doch bevor er sein Leben für irgend wen riskierte, wollte er zumindest wissen ob es ein Mensch war.
Es waren gut 30 Meter die er zu überbrücken hatte. 30 Meter und dann ein Ziel das so groß war wie ein Fernseher – das kleine Blechschild neben der Tür. Wer auch immer dort drinnen war, würde sich schon nach dem Krach bemerkbar machen.
Mit voller Kraft flog der Stein in hohem Bogen seinem Ziel entgegen und er hätte es auch fast getroffen, wenn nicht im letzten Moment eines der weiblichen Dinger seinen gewohnten Platz verlassen hätte. Den Kopf direkt vor dem Schild fing sie den Stein mit ihrer Nase. Es war ein schmatzendes Geräusch zu hören, als der Stein in ihrem Gesicht stecken blieb. Langsam sackte sie zusammen und die anderen unterbrachen für ein paar Sekunden ihr Tun, bevor sie wieder ihren Beschäftigungen nachgingen.
Fluchend brach Robert einen weiteren Stein aus dem Mauerwerk. Auch dieser flog in hohem Bogen, leider nur bedingt in die richtige Richtung. Etwa zwei Meter neben dem Schild flog er zwischen den Gitterstäben in den dahinter liegenden Raum. Ein 'Klonk' war zu hören, gefolgt von Gepolter und Geschrei.

Verdammte Scheiße!“, rief Vivian und trat ans Fenster, während sie sich den Kopf hielt. „Wer zur Hölle..“, abrupt wurde sie ruhig, als sie auf der gegenüber liegenden Seite einen Mann sah. Flehend blickte sie ihn an und realisierte, in welcher Situation sie sich befand. Direkt vor dem Gebäude bewegten sich sechs dieser Wesen. Eines lag mit einem Stein im Kopf vor ihr.
Werfen ist nicht ihre Stärke, oder?“, sofort fingen alle Wesen auf der Straße an wild zu werden.
Haben sie ein Handy? Rufen sie Hilfe, verdammt!“
Er antwortete nichts, sondern machte nur eine Telefonhörergeste und danach das Zeichen für eine durchgeschnittene Kehle. Er wollte die Dinger nicht auf sich aufmerksam machen, bevor er nicht einen Plan hatte.
Auch sie bemerkte, was er vor hatte und schaute sich genauer um, ob sie ihm irgendwie helfen konnte.
Die sechs vorm Haus haben sie ja bereits gesehen. Aber hier drin bei mir ist noch einer, direkt vor der Zelle.“, sie konnte nicht abschätzen in wie weit er die Situation missverstehen würde, dass sie dort eingesperrt war. „Wäre schön wenn sie mich hier irgendwie hier raus holen könnten. Ich bin übrigens Vivian.“ Der Mann zeigte ihr ein 'Daumen-Hoch' und zog sich zurück.

Robert ging die Straße geduckt zurück, bis zu einem kleinen Kiosk. In den letzten zwei Minuten hatte er einen Plan entwickelt, dieser war nicht gut, aber der einzige den er hatte. Drei Flaschen Spiritus, ein paar Sturmfeuerzeuge, eine Dose Cola und ein Schokoriegel landeten in einer Plastiktüte. Für seinen Plan hatte er sich das Dach des Hotels auserkoren. Von dort hatte er eine gute Übersicht und den nötigen Abstand zu den Dingern, damit er in Ruhe über die Feuerleiter fliehen konnte.
Er sprintete zu dem Hoteleingang und vergewisserte sich, dass niemand anwesend war. Das Treppenhaus war direkt neben dem Empfang und sehr breit geschnitten. Eines von den Dingern konnte er nicht entdecken und so machte er sich langsam und vorsichtig, darauf bedacht keine Geräusche zu machen, auf den Weg nach oben. Im Hotel selbst befand sich außer ihm niemand, zumindest war er auf dem Weg hier hoch niemandem begegnet.

Auf dem Dach angekommen griff er in die Tüte und holte Schokoriegel und Cola raus, die Frau hinter den Gittern guckte ihn verständnislos an, doch er brauchte erst einmal eine Stärkung. Während er auf dem Sims hockte ging er in Gedanken noch einmal seinen Plan durch. Er wollte zwei der drei Flaschen öffnen und zwischen die Dinger werfen. Die dritte würde er zum Teil entleeren und zu einem Molotowcocktail umbauen. Sie würden alle verbrennen und er konnte in Ruhe runter gehen und die Frau befreien. Den einen, der direkt vor ihrer Zellentür warten würde müsste er mit irgend etwas aus nächster Nähe umhauen, aber das würde schon klappen.
Mit Schwung warf er die erste Flasche planmäßig direkt in die Mitte. Im Flug verteilte sich schon ein wenig des Inhaltes über die Anwesenden. Die zweite Flasche traf ebenso gekonnt ihr Ziel und rollte zwischen den Füßen hindurch. Die durchsichtige Flüssigkeit tränkte den Boden und die Viecher verwischten sie mit ihren Füßen. Er goss ein wenig aus der dritten Flasche und steckte einen seiner Handschuhe hinein, die er normalerweise zum Tragen besonders schwerer Patienten nahm. Froh, dass er einige Feuerzeuge eingesteckt hatte, warf er mehrere die nicht funktionierten über den Rand des Hauses. Als der Handschuh endlich brannte, holte er noch einmal schwungvoll aus und schickte die Flasche auf Reisen. Der Plan war ihm mehr als perfekt geglückt, denn die Dinger fingen nach und nach alle Feuer. Robert setzte sich und beobachtete das Schauspiel. Sechs lebende Kerzen taumelten vor dem Haus herum und ließen sich nicht das geringste anmerken. Sie waren tot, ganz sicher, aber irgendwie doch nicht. Nicht-tote , oder Untote, ja, das passte gut – fand Robert.

Auf die harte Tour lernte Robert nach ein paar Minuten nun die wichtigste Regel im Umgang mit Untoten.
Es gab nur eines was schlimmer war als Untote und das waren brennende Untote. Der Plan war total gescheitert. Die Zeit lief gegen ihn, irgendwann würden die Lichter andere Untote anlocken. Vivian schaute ihn halb hysterisch und halb belustigt an und er fing an zu lachen. Zum ersten Mal seit Stunden ließ er seinen Gefühlen freien Lauf und lachte herzhaft und lange, bis ferne Stimmen an sein Ohr drangen. Es war Vivian, die ihm etwas zu rief.
Sie kommen!“, schrie sie ihm entgegen. Er brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis er merkte wen sie meinte. Die brennenden Untoten waren nicht mehr auf der Straße und eine Flammenspur führte geradewegs zum Eingang des Hotels. Auch andere, weiter entfernte zogen durch das Flammenmeer zum Eingang des Hotels.
So schnell er konnte lief er zum Treppenhaus und schaute nach Unten. Sie waren schon zwischen dem ersten und zweiten Stock, nur noch wenige Meter bis sie bei ihm waren. Er knallte die Tür zu und stellte eine Eisenstange, die bestimmt die Raucher des Hotels genutzt hatten um die Tür offen zu halten, unter die Klinke. So würden sie zumindest eine Zeit lang brauchen, bis sie auf dem Dach waren. Robert schwang seine Beine über den Sims und stieg die Feuerleiter hinab. Als er unten war und die Straße überquerte sah er wie sich die immer noch brennenden Untoten, die das gesamte Hotel angezündet hatten, auf dem Dach versammelten. Einfach einen Schritt nach dem anderen, stiegen sie alle nach einander vom Dach ins leere und klatschten auf dem Boden auf, wie Lemminge. Vivian´s Lachen wurde immer lauter.


Robert lief geduckt zum Büro des Sheriffs und presste sich an die Wand.
Hallo, ich bin Robert.“
Und ich bin sehr entzückt dich zu sehen.“ Sie hauchte ihm einen ironischen Kuss entgegen.

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