Lange nach den
ersten Sonnenstrahlen war Robert wach. Er schnallte sich ab und
kletterte noch höher um sich einen Überblick zu verschaffen. In der
Ferne konnte er den Highway sehen und er überlegte, ob er dort
vielleicht einen fahrbaren Untersatz finden konnte, mit dem er seinen
Weg fortsetzen konnte. Bei näherem Hinsehen musste er jedoch
feststellen, dass sich auch dort einige von den Viechern befanden.
Ohne eine Waffe würde er sich ihnen nicht mehr in den Weg stellen.
Diesmal jedoch musste es etwas handlicheres als ein Feuerlöscher
werden.
Er ließ seinen
Blick schweifen und fand in der entgegen gesetzten Richtung eine
Stadt, nicht allzu weit von ihm entfernt, die gleiche die er gestern
Abend gesehen hatte. Wenn er sich am südlichen Rand der Stadt
heranschleichen würde, wäre er durch die Lagerhallen im
Industriegebiet geschützt. Auch dort würden bestimmt welche von
ihnen lauern, aber es war einen Versuch wert. Hunger und Durst
brachten ihn sonst um.
Robert brauchte
länger als er gedacht hatte, da er immer
wieder hinter Ecken warten musste bis der Weg frei war. Der
Weg zog sich ewig lang und die Sonne brannte fürchterlich. Das er
seit dem Mittag des Vortages nichts getrunken und gegessen hatte,
half ihm in keinster Weise.
Schon von weitem
konnte er die ersten Viecher dabei beobachten, wie sie ziellos vor
Fensterscheiben liefen oder langsam durch die Straßen taumelten. Von
einem Auto zum anderen sprintend bewegte er sich vorwärts. Früher
oder später würde ein falscher Schritt ihn verraten, daher musste
er sich beeilen. Wenn er es richtig sah, gab es leider keinen
Waffenladen in der Stadt und um alle Häuser zu durchsuchen hatte er
keine Zeit. Der Gedanke es doch beim Highway zu versuchen verfestigte
sich gerade, als er eine Bewegung hinter einem vergitterten Fenster
sah. Das sehr kleine Gebäude, gerade einmal so groß wie eine kleine
Tankstelle, war komplett vergittert und davor parkten zwei
Polizeiautos. Es musste das Büro des Sheriffs der Stadt sein.
Belagert wurde es jedoch von nicht weniger als sieben von diesen
Gestalten. Ob es überhaupt ein Mensch dort drinnen war, konnte er
nicht einmal sagen, aber es war ein Versuch wert dort eine Waffe zu
finden.
Aus der Mauer neben
sich brach er einen Stein heraus, faustgroß und schwer. Er war nie
der beste Werfer gewesen, ganz im Gegenteil, doch bevor er sein Leben
für irgend wen riskierte, wollte er zumindest wissen ob es ein
Mensch war.
Es waren gut 30
Meter die er zu überbrücken hatte. 30 Meter und dann ein Ziel das
so groß war wie ein Fernseher – das kleine Blechschild neben der
Tür. Wer auch immer dort drinnen war, würde sich schon nach dem
Krach bemerkbar machen.
Mit voller Kraft
flog der Stein in hohem Bogen seinem Ziel entgegen und er hätte es
auch fast getroffen, wenn nicht im letzten Moment eines der
weiblichen Dinger seinen gewohnten Platz verlassen hätte. Den Kopf
direkt vor dem Schild fing sie den Stein mit ihrer Nase. Es war ein
schmatzendes Geräusch zu hören, als der Stein in ihrem Gesicht
stecken blieb. Langsam sackte sie zusammen und die anderen
unterbrachen für ein paar Sekunden ihr Tun, bevor sie wieder ihren
Beschäftigungen nachgingen.
Fluchend brach
Robert einen weiteren Stein aus dem Mauerwerk. Auch dieser flog in
hohem Bogen, leider nur bedingt in die richtige Richtung. Etwa zwei
Meter neben dem Schild flog er zwischen den Gitterstäben in den
dahinter liegenden Raum. Ein 'Klonk' war zu hören, gefolgt von
Gepolter und Geschrei.
„Verdammte
Scheiße!“, rief Vivian und trat ans Fenster, während sie sich den
Kopf hielt. „Wer zur Hölle..“, abrupt wurde sie ruhig, als sie
auf der gegenüber liegenden Seite einen Mann sah. Flehend blickte
sie ihn an und realisierte, in welcher Situation sie sich befand.
Direkt vor dem Gebäude bewegten sich sechs dieser Wesen. Eines lag
mit einem Stein im Kopf vor ihr.
„Werfen ist nicht
ihre Stärke, oder?“, sofort fingen alle Wesen auf der Straße an
wild zu werden.
„Haben
sie ein Handy? Rufen sie Hilfe, verdammt!“
Er
antwortete nichts, sondern machte nur eine Telefonhörergeste und
danach das Zeichen für eine durchgeschnittene Kehle. Er
wollte die Dinger nicht auf sich aufmerksam machen, bevor er nicht
einen Plan hatte.
Auch sie bemerkte,
was er vor hatte und schaute sich genauer um, ob sie ihm irgendwie
helfen konnte.
„Die sechs vorm
Haus haben sie ja bereits gesehen. Aber hier drin bei mir ist noch
einer, direkt vor der Zelle.“, sie konnte nicht abschätzen in wie
weit er die Situation missverstehen würde, dass sie dort eingesperrt
war. „Wäre schön wenn sie mich hier irgendwie hier raus holen
könnten. Ich bin übrigens Vivian.“ Der Mann zeigte ihr ein
'Daumen-Hoch' und zog sich zurück.
Robert ging die
Straße geduckt zurück, bis zu einem kleinen Kiosk. In den letzten
zwei Minuten hatte er einen Plan entwickelt, dieser war nicht gut,
aber der einzige den er hatte. Drei Flaschen Spiritus, ein paar
Sturmfeuerzeuge, eine Dose Cola und ein Schokoriegel landeten in
einer Plastiktüte. Für seinen Plan hatte er sich das Dach des
Hotels auserkoren. Von dort hatte er eine gute Übersicht und den
nötigen Abstand zu den Dingern, damit er in Ruhe über die
Feuerleiter fliehen konnte.
Er sprintete zu dem
Hoteleingang und vergewisserte sich, dass niemand anwesend war. Das
Treppenhaus war direkt neben dem Empfang und sehr breit geschnitten.
Eines von den Dingern konnte er nicht entdecken und so machte er sich
langsam und vorsichtig, darauf bedacht keine Geräusche zu machen,
auf den Weg nach oben. Im Hotel selbst befand sich außer ihm
niemand, zumindest war er auf dem Weg hier hoch niemandem begegnet.
Auf dem Dach
angekommen griff er in die Tüte und holte Schokoriegel und Cola
raus, die Frau hinter den Gittern guckte ihn verständnislos an, doch
er brauchte erst einmal eine Stärkung. Während er auf dem Sims
hockte ging er in Gedanken noch einmal seinen Plan durch. Er wollte
zwei der drei Flaschen öffnen und zwischen die Dinger werfen. Die
dritte würde er zum Teil entleeren und zu einem Molotowcocktail
umbauen. Sie würden alle verbrennen und er konnte in Ruhe runter
gehen und die Frau befreien. Den einen, der direkt vor ihrer
Zellentür warten würde müsste er mit irgend etwas aus nächster
Nähe umhauen, aber das würde schon klappen.
Mit Schwung warf er
die erste Flasche planmäßig direkt in die Mitte. Im Flug verteilte
sich schon ein wenig des Inhaltes über die Anwesenden. Die zweite
Flasche traf ebenso gekonnt ihr Ziel und rollte zwischen den Füßen
hindurch. Die durchsichtige Flüssigkeit tränkte den Boden und die
Viecher verwischten sie mit ihren Füßen. Er goss ein wenig aus der
dritten Flasche und steckte einen seiner Handschuhe hinein, die er
normalerweise zum Tragen besonders schwerer Patienten nahm. Froh,
dass er einige Feuerzeuge eingesteckt hatte, warf er mehrere die
nicht funktionierten über den Rand des Hauses. Als der Handschuh
endlich brannte, holte er noch einmal schwungvoll aus und schickte
die Flasche auf Reisen. Der Plan war ihm mehr als perfekt geglückt,
denn die Dinger fingen nach und nach alle Feuer. Robert setzte sich
und beobachtete das Schauspiel. Sechs lebende Kerzen taumelten vor
dem Haus herum und ließen sich nicht das geringste anmerken. Sie
waren tot, ganz sicher, aber irgendwie doch nicht. Nicht-tote , oder
Untote, ja, das passte gut – fand Robert.
Auf die harte Tour
lernte Robert nach ein paar Minuten nun die wichtigste Regel im
Umgang mit Untoten.
Es gab nur eines was
schlimmer war als Untote und das waren brennende Untote. Der Plan war
total gescheitert. Die Zeit lief gegen ihn, irgendwann würden die
Lichter andere Untote anlocken. Vivian schaute ihn halb hysterisch
und halb belustigt an und er fing an zu lachen. Zum ersten Mal seit
Stunden ließ er seinen Gefühlen freien Lauf und lachte herzhaft und
lange, bis ferne Stimmen an sein Ohr drangen. Es war Vivian, die ihm
etwas zu rief.
„Sie kommen!“,
schrie sie ihm entgegen. Er brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis er
merkte wen sie meinte. Die brennenden Untoten waren nicht mehr auf
der Straße und eine Flammenspur führte geradewegs zum Eingang des
Hotels. Auch andere, weiter entfernte zogen
durch das Flammenmeer zum Eingang des Hotels.
So schnell er konnte
lief er zum Treppenhaus und schaute nach Unten. Sie waren schon
zwischen dem ersten und zweiten Stock, nur noch wenige Meter bis sie
bei ihm waren. Er knallte die Tür zu und stellte eine Eisenstange,
die bestimmt die Raucher des Hotels genutzt hatten um die Tür offen
zu halten, unter die Klinke. So würden sie zumindest eine Zeit lang
brauchen, bis sie auf dem Dach waren. Robert schwang seine Beine über
den Sims und stieg die Feuerleiter hinab. Als er unten war und die
Straße überquerte sah er wie sich die immer noch brennenden
Untoten, die das gesamte Hotel angezündet hatten, auf dem Dach
versammelten. Einfach einen Schritt nach dem anderen, stiegen sie
alle nach einander vom Dach ins leere und klatschten auf dem Boden
auf, wie Lemminge. Vivian´s Lachen wurde immer lauter.
Robert lief geduckt
zum Büro des Sheriffs und presste sich an die Wand.
„Hallo, ich bin
Robert.“
„Und ich bin sehr
entzückt dich zu sehen.“ Sie hauchte ihm einen ironischen Kuss
entgegen.
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