Mrs. Millers Kopf
zerplatzte förmlich beim Aufprall des Feuerlöschers, aber er machte
sich keine Gedanken darum, denn Sam hatte seinen Kopf schon fast
durch das kleine Zwischenfenster gedrückt und kam ihm verflucht
nahe.
Robert schnallte
sich ab und landete unsanft auf den Beinen von Mrs. Miller. Laut
knackten ihre Beine als er mehrere Knochen durchbrach, er selbst
blieb unverletzt. Bis auf einige blaue Flecken ging es ihm gut. Von
draußen drang noch immer ein klopfendes Geräusch zu ihm und am
Fenster zeichnete sich ein roter Kreis ab, wo anscheinend immer
wieder ein Kopf an das Fenster schlug.
Er stieg über Mrs.
Miller hinweg und drückte die Tür am Heck auf. Sie war verzogen,
weshalb nur eine der beiden Türen zu öffnen war. Als er endlich
nach draußen geschoben hatte, drehte sich die Person an der
Seitentür zu ihm um. Es war eine Frau
mittleren Alters, blond, hohe Schuhe, in einem billigen
Kaufhauskostüm. Eigentlich totaler Durchschnitt, wenn nicht
die Sache mit ihren Armen gewesen wäre. Von zwei Armen konnte man
allerdings nicht mehr sprechen, denn es waren an beiden Seiten nur
noch kurze Armstummel zu erkennen, was wahrscheinlich auch der Grund
war, weshalb sie immer wieder mit dem Kopf statt der Arme gegen die
Scheibe geschlagen hatte. Langsam schlurfte sie auf ihn zu und riss
den Mund weit auf. Blut tropfte ihr aus dem
Mund auf das Kostüm.
Robert suchte
verzweifelt in seiner nahen Umgebung nach etwas, mit dem er sie auf
Abstand halten konnte, denn auf Zurufe reagiert sie genauso wenig wie
Mrs. Miller.
Er fand nichts
weiter als den Feuerlöscher. Diesmal jedoch aktivierte er ihn so,
wie er gedacht war und drückte ihr eine volle Ladung Schaum ins
Gesicht. Die Frau reagierte leicht verwirrt, setzte aber ihren Weg
fort, weswegen Robert zu der altbekannten
Methode zurückgreifen musste. Er ließ den Feuerlöscher über
seinem Kopf kreisen und landete dann einen perfekten Hieb auf ihrer
linken Wange. Knochen knackten, der Kopf sackte auf die rechte
Schulter und sie fiel sofort um. Robert setzte sich erschöpft auf
einen Stein und sah sich in der Umgebung um.
Zuerst hörte er
nichts, was er für ein gutes Zeichen hielt, denn dann war niemand in
der Nähe. Dann realisierte er, dass es eher beunruhigend war. Keine
Geräusche bedeuteten auch, dass keine Autos fuhren, also würde
keine Hilfe vorbeikommen. Er griff an seine
Hosentasche und suchte sein Handy. Das Uraltgerät war so robust,
dass es selbst so eine Strapaze unbeschadet überstand, zu seinem
Leidwesen hatte er aber keinen Empfang. Auch der Trick einfach die
Sim-Karte heraus zu nehmen und dann zu versuchen über den Notruf
nach Hilfe zu telefonieren scheiterte. Langsam machte sich
Verzweiflung in ihm breit.
Eine gute Stunde
blieb er dort im Schatten sitzen, bis er fand das er klar genug im
Kopf war sich auf den Weg zu machen. Wohin wusste er noch nicht und
ein kurzer Blick auf Sam genügte, dass der ihm wohl keinen Rat geben
konnte, aber alles war wohl besser als die karge Landschaft
die ihn gerade umgab.
Robert brauchte fast
eine halbe Stunde für den Aufstieg zurück zur Straße. Als er oben
ankam sah er erst das Ausmaß ihres Unfalls. Sie hatten eine tiefe
Schneise in den Wald gerissen und anscheinend sogar ein weiteres Auto
den Hügel runter gerammt. Es war ein Cabrio, in welchem wohl die
Frau ohne Arme gesessen hatte. Um die brauchte er sich ja keine
Sorgen mehr machen.
So langsam wurde es
drückend heiß, bald würde er etwas zu trinken brauchen, damit er
nicht dehydrierte. Er überlegte in welche Richtung er aufbrechen
sollte. Das letzte Dorf auf der gefahrenen Strecke lag mindestens 5
Meilen zurück. Wie viel es bis zum nächsten Dorf in der anderen
Richtung war, konnte er nicht einmal grob schätzen. Er entschied
sich dennoch für die Flucht nach vorn.
Zwei Kurven weiter
lag ein Bus auf der Seite. Vorsichtig schlich er sich an den Bus ran,
in der Hoffnung etwas zu trinken zu finden. Seine Freude wurde jedoch
gedämpft, als er ächzende und stöhnende Geräusche im Businneren
vernahm. Seinen Feuerlöscher hatte er beim Transporter gelassen,
deshalb fühlte er sich total unwohl als er völlig unbewaffnet neben
dem Bus stand. Dieser hätte ja voll mit Menschen sein können, zu
Roberts Überraschung entdeckte er aber nur einen eingeklemmten
Busfahrer als er vorsichtig um die Ecke linste. Glücklicherweise war
der Busfahrer auch keiner von denen.
„Können sie mich
hören?“, rief Robert durch die Frontscheibe, doch der Busfahrer
ächzte nur. Ein schmaler Riss hatte sich bei dem Unfall, wenn es
denn einer war, gebildet. Robert hatte jedoch nichts womit er denn
Riss erweitern konnte und die Scheibe war gegen seine Tritte so gut
wie unempfindlich.
Robert kletterte am
Reifen hoch und versuchte die Tür aufzudrücken, doch es war ein
alter Bus, einen von denen die so einen riesigen Hebel hatten, mit
dem die Tür aufgemacht wurde. Er schaute am Bus entlang um zu sehen,
welches Fenster sich zum einschlagen eignen würde, als er sie sah.
Sie war ein kleines Mädchen von vielleicht 10 Jahren, die wohl im
hintersten Teil des Busses gesessen hatte. Sie trug ein geblümtes
Kleid, Sandalen und hatte geflochtenes pechschwarzes Haar. Und sie
schaute Robert direkt an. Nicht mit einem nach Hilfe suchenden Blick,
sondern eher als hätte sie ihn zum fressen gern. Als der Busfahrer
ein weiteres Mal stöhnte drehte sie ihren Kopf ruckartig herum und
schaute sich wie ein Raubtier um. Robert blickte verzweifelt zu dem
Mann. Tief in seinem Inneren wusste er schon, dass er ihm nicht würde
helfen können, dennoch fing er an wie wild mit seinen Fäusten auf
die Scheiben einzuschlagen. Das Mädchen stand auf und schaute noch
einmal nach oben, ließ sich jedoch nicht von ihm ablenken, dann ging
sie zielstrebig mit ausgestreckten Armen auf den Busfahrer zu.
Verzweiflung lag im
Blick des Mannes und er versuchte sich irgendwie zu befreien, aber
sein Oberkörper war unter dem Lenkrad eingeklemmt und sein Fuß
merkwürdig verdreht.
Das Mädchen beugte
sich zu ihm runter und Robert hatte das Gefühl sie würde einen
kurzen Moment an ihm riechen, dann bleckte sie die Zähne und grub
sie langsam und genießerisch in seinen Hals. Robert wollte wegsehen,
aber als sie dem Busfahrer das erste Stück Fleisch aus dem Hals riss
schrie er mit seiner allerletzten Kraft. Robert trieb es die Tränen
in die Augen als er den Blick des Busfahrers einfing, der ihn mit vor
Schrecken aufgerissenen Augen ansah. Immer wieder biss sie zu und
nach ein paar Sekunden erlosch der Blick des Mannes völlig.
Wut stieg in ihm
auf. Wut darüber was diese Monster anrichteten. Wut darüber, dass
er so hilflos war. Wild schlug er auf das Fenster ein, bis ein
Knacken ihn zur Vernunft kommen ließ. Ein Sturz in den Bus war das
letzte was er wollte, daher kroch er langsam rückwärts in
Sicherheit der Verkleidung. Das Mädchen hatte ihr Festmahl fast
beendet, zumindest wurde sie langsamer. Sie erbrach einen Haufen Blut
über den übrigen Torso und ließ dann von ihm ab. Ihr Kleid war in
sattes Rot getaucht und sie hatte eine Sandale verloren. Fast wirkte
sie wie ein ganz normales Mädchen, dass sich beim Essen schmutzig
gemacht hatte. Ruhelos drehte sie ihren Kopf hin und her, als ein
weiteres Knacken ihre Aufmerksamkeit einfing. Ihr Sättigungsgefühl
währte wohl nicht lang, denn sofort machte sie sich auf den Weg zu
Robert. Dieser sprang sofort vom Bus runter und lief los, wohin war
ihm egal, Hauptsache weit weg von diesem kleinen Monster. Er blickte
sich noch einmal um und sah wie sie versuchte mit ihren kleinen
Fingern den Spalt in der Frontscheibe zu erweitern. Schnell lief er
weiter, so weit ihn seine Füße trugen.
Als die Dämmerung
einsetzte sah er in der Ferne eine kleine Stadt. Er hoffte inständig,
dass sich dort noch richtige Menschen befanden. Um kein unnötiges
Risiko einzugehen und im Dunkeln womöglich auf eine ganze Horde von
ihnen zu treffen, mobilisierte er seine letzten Kräfte und bestieg
einen Baum am Straßenrand. Mit seinem Gürtel band er sein Bein an
einen Ast, damit er nicht im Schlaf runter fiel.
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